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Interview mit TRAUMPILOTIN


tRaumberufe auf dem Land - heute: Patienten auf 4 Beinen

Unbestritten: das Leben auf dem Land ist ein völlig anderes als in der Stadt. Doch während die
Medien in der Regel am liebsten darüber berichten, was auf dem Land alles fehlt, gibt es dort
natürlich auch gleichzeitig Dinge und Möglichkeiten, die man in der Stadt seltener bis gar nicht
antrifft. Berufe mit Tieren zum Beispiel.
In letzter Zeit sind mir immer wieder Frauen über den Weg gelaufen, die ihren Traum verwirklicht
haben, mit Tieren zu arbeiten. Einige davon sind gerade deshalb in die Oberlausitz gezogen, andere
sind weggezogen und zurückgekehrt und wieder andere wollten nie weg von dort.
Eine davon ist die Hundephysiotherapeutin Stefanie. Und bevor ich sie bei der Neueröffnung der
Hundephysiotherapie-Praxis Birgit Weber kennen gelernt habe, wusste ich überhaupt nicht, dass
es so einen Beruf überhaupt geben könnte.

Landleben ohne Hund? Kaum denkbar!
In Berlin kenne ich eigentlich niemanden persönlich, der/die einen Hund besitzt. Nicht, dass es
dort gar keine Hunde gäbe (im Gegenteil), aber Wohnflächen sind dort in den letzten Jahren immer
kostbarer und dementsprechend begrenzter geworden. Und ein Hund benötigt nunmal
ausreichend Platz. Und Zeit. Die Leute, die ich in Berlin kenne, haben aber in der Regel weder das
eine noch das andere.
Auf dem Land hingegen, wo die Mehrzahl der Leute in ihrem eigenen Häuschen wohnt, hat man
fast schon das Gefühl, es fehlt etwas, wenn kein Hund im Haus ist. Die einen wollen einen
Spielgefährten für die Kinder, die anderen fühlen sich mit einem Kläffer im Haus sicherer und
wieder andere wollen einfach nicht mehr alleine spazieren gehen.
Hunde sind hier schon lange nicht mehr einfach nur Nutztiere, die an einer Kette vor dem Haus
liegen, um Fremde anzufletschen (wie es früher vielleicht einmal war), sondern sie gehören
irgendwie zur Familie.
Umso schlimmer ist es dann, wenn es diesen treuen Gefährten dann einmal nicht gut gehen sollte.
Und dann springt Stefanie ein - als Hundephysiotherapeutin.
Das war allerdings nicht immer schon so.

Manchmal brauchen Dinge einfach ihre Zeit.
Nach dem Abitur 2005 in Zittau besuchte Stefanie erst einmal eine Physiotherapie-Schule und
begann danach, in einer Physiotherapie-Praxis in Dürrhennersdorf zu arbeiten - mit menschlichen
Patient_innen.
Ihr großer Traum war es jedoch schon damals, irgendwann einmal als Hundephysiotherapeutin zu
arbeiten. Die Leidenschaft für diesen Beruf und die Vierbeiner muss ihr so deutlich anzumerken
gewesen sein, dass schließlich irgendwann eine Kollegin zu ihr sagte :
"Tu es - was hindert dich eigentlich daran? Ich seh´ es in deinen Augen: du lebst dafür!"
Und Stefanie tat es, aber nicht alleine.

Ein eingespieltes Team geht neue Wege
Die richtigen Angestellten zu finden ist Gold wert - die richtigen Chefs zu finden auch. Wenn beides
dann aufeinander trifft, kann eigentlich nur noch etwas Gutes dabei herauskommen.
Stefanies langjährige Chefin Birgit Weber jedenfalls fackelte nicht lange und investierte ohne zu
zögern in Stefanie und deren Traum. Als erfahrene und erfolgreiche Unternehmerin weiß sie nicht
nur, dass es sinnvoll ist, talentierten Nachwuchs zu fördern, sondern auch, wann die richtige Zeit
ist, etwas Neues zu wagen.



Und so absolvierte Stefanie 2016 in einer orthopädischen Tierklinik in Baden-Württemberg ein
Praktikum und begann mit Unterstützung ihrer Chefin eine einjährige Ausbildung zur
Hundephysiotherapeutin. Anfang Juli 2017 eröffnete das Team nun - nur wenige Häuser von ihrer
bisherigen Arbeitsstätte entfernt - die neue Praxis für Hundephysiotherapie.
Seitdem behandelt Stefanie in unterschiedlichen Räumen sowohl Zweibeiner als auch Vierbeiner -
je nach Bedarf. Aber irgendwann in naher Zukunft werden die Zweibeiner wohl für immer auf sie
verzichten müssen...

Hunde sind ja irgendwie auch Menschen - nur anders
Wie sieht eigentlich die Arbeit eines Hunde-Physiotherapeuten aus? Und wer nimmt dieses
Angebot in Anspruch? Ich war neugierig und vereinbarte deshalb einen Termin mit Stefanie, um
mehr darüber zu erfahren, weil ich mir so gar nichts darunter vorstellen konnte.
Keine Ahnung, was ich eigentlich erwartet hatte, aber eine Praxis für Hunde-Physiotherapie ist
tatsächlich nicht viel anders als die Praxen für Menschen, die ich bisher kennen gelernt habe.
Wobei diese hier deutlich hübscher ist als so manche, die ich in Berlin kennen gelernt habe.
An dem Tag als ich in der Praxis zu Besuch war, kam gerade Lucky das erste Mal zur Behandlung -
ein kleiner noch junger lebhafter Hund mit Hüftproblemen.
Nicht, dass Lucky irgendeine Ähnlichkeit mit meinem Töchterchen hätte, aber irgendwie fühlte ich
mich direkt zurückversetzt in die Zeiten, als ich mein Baby mit Hüftproblemen regelmäßig von
einer Physiotherapeutin behandeln ließ. Denn das ist so ein Hund ja irgendwie: das Baby der
Familie.

In der Ruhe liegt die Kraft
Genau wie meine Tochter als Baby war auch Lucky erst einmal ziemlich aufgeregt und unruhig.
Seiner sich sorgenden "Familie" erging es dabei, glaube ich, nicht anders als mir damals, wenn es
meinem Töchterchen nicht gut ging. Alle Beteiligten sind wohl immer beim ersten Mal ziemlich
hibbelig. Umso besser ist es, dass Stefanie scheinbar gar nichts aus der Ruhe bringen kann.
So eine Erstbehandlung dauert 60 Minuten und die benötigt man auch. Das Vertrauen zu Mensch
und Tier muss ja erst einmal aufgebaut werden und genau wie bei menschlichen Patient_innen
wird auch beim Hund vorab eine gründliche Anamnese erhoben.
Bisherige Vorerkrankungen müssen dabei genauso gründlich erfasst werden wie Gewohnheiten
und Eigenarten des Hundes, seine Beweglichkeit und Bewegungsmuster. Dann und nur dann, wenn
all das bekannt ist, kann die eigentliche Behandlung erfolgen.

Fingerspitzengefühl und technische Finessen führen zum Ziel
Wer hätte gedacht, dass der Zappler Lucky irgendwann tatsächlich auch mal stillhalten würde? Ich
jedenfalls nicht. Aber Stefanie hatte ihn mit viel Geduld und Ruhe schließlich doch soweit - obwohl
ihm die Situation anfänglich wirklich nicht ganz geheuer war. Ich war beeindruckt.


Endlich chillen: Lucky genießt sichtlich seine erste Magnetfeldbehandlung (Foto: tRaumpilotin)

Sicherlich hat er nicht nur gemerkt, dass ihm hier jemand wohlgesonnen war, sondern auch, dass
diese ganz genau weiß, was ihm gut tut. Zur Belohnung erhielt der Kleine dann dafür im Anschluss noch eine kleine Wellness-Einlage auf der Magnetfeldmatte, die er sichtlich genossen hat.
Ehrlich gesagt war ich als dauerverspannte Schreiberin ein wenig neidisch, ihn so völlig entspannt
und wie dahingegossen dort liegen zu sehen.
Denn einmal völlig unabhängig davon, ob man an die gesundheitsfördernde Wirkung von
Magnetfeldtherapie glaubt oder nicht - können diese Hundeaugen lügen?
Wenn also sogar so ein kleiner Unruhegeist wie Lucky plötzlich dermaßen die Ruhe weg hat, muss
schon irgend etwas dran sein an dieser Magnetgeschichte...

Hilfe zur Selbsthilfe
Was mir übrigens an Stefanies Arbeit besonders gefallen hat: Stefanie wurschtelt nicht einfach nur
still vor sich hin, sondern erklärt ausführlich, was sie da tut und warum. Und gleichzeitig zeigt sie
den Hundehalter/innen Möglichkeiten auf, mit denen sie selbst die Beschwerden ihres Hundes
lindern können.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie gut es mir damals als Mutter getan hat, mich nicht mehr
so hilflos zu fühlen, weil mir die Physiotherapeutin meiner Tochter ebenfalls solche hilfreichen
Ratschläge mit auf den Weg gegeben hat...
Vielleicht gehörst Du ja auch zu den Menschen, denen Tiere näher sind als Menschen (oder
zumindest genauso nah) und hast schon mindestens einmal mit dem Gedanken gespielt, einen
Beruf zu ergreifen, in dem Tiere eine Hauptrolle spielen? Dann lies doch mal mein Interview mit
Stefanie. Vielleicht bringt es Dich auf neue Ideen.


Interview mit Stefanie

Woher kam denn Dein Wunsch, Hundephysiotherapeutin zu werden?
Ich war schon immer gern in der Natur und von Tieren umgeben.
Und vielleicht wurde mir mein Berufswunsch ja auch schon in die Wiege gelegt. Ich
wurde nämlich zuhause bei meiner Oma geboren und die erste Begrüßung nach
meiner Geburt war, dass ihr Windhund mich erst einmal komplett von oben bis unten
abgeschlabbert hat.
Oma fand das nicht so toll, aber hat´s mir geschadet? Ich denke nicht.
Direkt nach meiner Ausbildung zur Physiotherapeutin dachte ich dann das erste Mal
daran, mich auf Tiere zu spezialisieren. Ich war damals auf Arbeitssuche und meine
Vermittlerin meinte, das würde zu mir passen. Allerdings hätte ich zur Ausbildung nach
Potsdam gehen müssen und ich wollte hier auf keinen Fall weg.
Vor ein paar Jahren kam der Wunsch dann wieder hoch, allerdings war mir die
Ausbildung zum Tierphysiotherapeuten zu teuer. Außerdem waren bei dieser
Ausbildung auch Pferde mit dabei und das war nicht meine Richtung. Also wieder nix.
Und dann, 2015, ich weiß nicht mehr wie, fiel mir der Hunde-Physiotherapeut wieder
vor die Füße. Ich hab´ meiner Chefin davon erzählt, sie hat kurz überlegt und dann
gesagt: "Mach doch, ich bezahle - was gibt´s da noch zu überlegen."
Dann noch ein Tag der offenen Tür bei der Schule in Dresden und dann war es
perfekt. Ich war in Dresden an der Paracelsus Heilpraktiker Schule, dort war es der
letzte stattfindende Kurs dieser Art. Meine Ausbildung hat dann etwas länger als ein
Jahr gedauert und ca. 1900 Euro gekostet.

Was sollte man für besondere Interessen und Fähigkeiten für diesen Beruf
mitbringen?


(Foto: tRaumpilotin)

Natürlich sollte man im Umgang mit Hunden oder Katzen vertraut sein und Ahnung von
Anatomie und Bewegungsabläufen der Tiere haben.
Und wichtig ist vor allem auch, dass man die nötige Empathie für Mensch und Tiere
bzw. deren Zusammenleben mitbringt.

Wann sollte man seinen Hund zu Dir bringen?
Im Grunde ist das nicht viel anders als bei Menschen. Tierärzte raten zum Beispiel nach
Operationen zur physiotherapeutischen Nachbehandlung. Physiotherapie hilft aber
auch bei muskulären Verspannungen, nach Zerrungen, Prellungen, Verstauchungen
oder nach einem Bandscheibenvorfall.
Und auch Hunde werden natürlich alt, können Arthrosen bekommen oder zu dick sein.
Durch Physiotherapie erlangen sie wieder mehr Beweglichkeit, Muskelaufbau und
erfahren dadurch dann auch eine deutliche Schmerzlinderung.

Behandelst Du eigentlich nur Hunde oder auch andere Tiere?
Ich behandle Hunde und Katzen.

Hier auf dem Land wohnt ja nicht jeder direkt um die Ecke und nicht alle sind
immer mobil genug, um zu Dir zu kommen. Machst Du denn auch Hausbesuche?

Hausbesuche sind kein Problem, je nach Entfernung wird dann jedoch eine
Anfahrtspauschale fällig.

Ich kann mir vorstellen, dass Hunde, die Schmerzen haben, nicht immer nur
freundlich sind - hast Du überhaupt keine Angst einmal gebissen zu werden?

Eine häufig gestellte Frage, hm... Das ist mir bis heute noch nicht passiert, aber
passieren kann es wohl immer.
Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde - kommt sicher auf die Situation an. Bei
fraglichen Hunden bitte ich deren Besitzer deshalb vorsichtshalber einen Maulkorb
anzulegen.

Was war das Schönste, das Du bisher in Deinem Beruf erlebt hast?
Bei einem meiner ersten Hausbesuche war der Zweithund der Familie erst gar nicht
von mir begeistert. Nach einer Weile hat er mich dann jedoch fast aufgefressen vor
Liebe.
Ansonsten gibt es viele sehr schöne Erlebnisse. Ich war im März zum Beispiel auf
Usedom bei den Baltic Lights beim Schlittenhunderennen - das ist was ganz Tolles, dass
ich wahnsinnig gerne selbst mal ausprobieren würde.

Und was war Dein traurigstes Erlebnis?
Sehr traurig ist es für mich, wenn man nichts mehr tun kann und nur noch Erlösung
hilft.
Naja ich bin sehr mitfühlend. Sie sind doch irgendwie wie unsere Kinder und es ist
immer schlimm, wenn eine gute Seele gehen muss.

Was sind das denn in der Regel für Leute, die ihre Tiere zu Dir bringen?
Ganz normale einfache Leute in jedem Alter, denen es manchmal mehr um das Wohl
ihrer Tiere geht als um das eigene und oftmals ganz liebenswerte Menschen.
Glaubst Du, Dein Beruf eignet sich besser für städtische oder ländliche Regionen?
Hm...Tiere/Hunde gibt es ja überall.
Ich glaube nicht, dass sich das auf eine Region beschränken lässt. Ich persönlich bin
vom Land und da aufgewachsen und da passt es einfach auch hin.

Wie hat es sich ergeben, dass Ihr ausgerechnet in Dürrhennersdorf eine Praxis für
Hundephysiotherapie eröffnet habt?

Es gibt ja schon seit langem im Ort die Physiotherapie-Praxis, in der wir unsere
menschlichen Patienten behandeln. Meine Chefin hatte das Vertrauen, etwas Neues zu
wagen und hat mich deshalb unterstützt.
Man darf aber natürlich human- und tiermedizinische Behandlungen nicht in den
gleichen Räumlichkeit anbieten, schon aus Hygiene- und Allergikergründen. Also
mussten andere Räume für die Hundephysiotherapie her.
Aber eine Kollegin hatte noch Räume frei in ihrem Haus in der Nähe und so hat sich das
dann ergeben.

Wie lange hat es in etwa gedauert von der ersten Idee bis zur Eröffnung?
Schon einige Zeit, aber ich hab nicht locker gelassen. Nach meiner Ausbildung hat es
noch circa ein halbes Jahr bis zur Eröffnung gedauert.

Gab es irgendeine Unterstützung, eine Art Starthilfe, Menschen, die Dir/Euch
geholfen haben oder Finanzierungshilfen?

Vor allem meine Chefin, die das Potenzial gesehen hat und viele fleißige Helfer: zum
Entrümpeln des Raumes, für Montagearbeiten bis hin zur Dekoration und dann war´s
geschafft.

Gibt es etwas, dass man beim Standort seiner Praxis beachten sollte? Und wie
sollte sie optimalerweise ausgestattet sein?

Naja ebenerdige bis barierrefreie Praxisräume wären vielleicht gut - ruhig etwas
abgelegen mit vorhandenen Parkplätzen.
Als Ausstattung benötigt man eine Liege oder Matte zur Behandlung von Klein und
Groß, alternative Therapiemöglichkeiten wie Elektrotherapie oder Magnetfeldtherapie,
Kleingeräte zur Unterstützung von Massagen und aktiven Übungen und Rotlicht zur
Wärmeanwendung.

Mit wem bist Du so vernetzt und mit wem arbeitest Du zusammen?
Mit Tierärzten und Tierheilpraktikern, die wir zum Teil auch aus privaten Erfahrungen
kennen, mit Zoohandlungen, Züchtern und generell mit Hundefreunden.
Viele neue Kunden kommen vor allem über Empfehlungen von unseren Freunden und
Patienten. Gefunden werden wir aber auch über unsere Facebook-Seite und die
Homepage der Praxis.

Wie sehen Deine Pläne in naher und ferner Zukunft aus? Was oder wen brauchst
Du noch dafür?

Es wäre toll, wenn ich bald die Hälfte meiner Arbeit damit füllen könnte oder auch nur
noch als Hundephysiotherapeutin arbeiten könnte - Tiere sind manchmal dankbarer als
Menschen.

Was würdest Du anderen raten, die ähnliche Pläne haben?
Lebt Eure Träume und träumt nicht euer Leben!

Tierphysiotherapie ist bis heute noch kein geschützter Beruf. Ausbildungsziele, -inhalte und -kosten
können daher stark voneinander abweichen. Vorerfahrungen oder vorangegangene berufliche
Tätigkeiten spielen dabei in der Regel keine Rolle.
Ein Maurer kann also genauso Hundephysiotherapeut werden wie jemand, der vorher schon in
einem medizinischen Beruf gearbeitet hat und dementsprechend ganz andere Kenntnisse und
Fähigkeiten mit einbringen kann.
Es lohnt sich also durchaus genauer nachzufragen, was ein Hundephysiotherapeut früher so
gemacht hat bevor man ihm oder ihr sein Hündchen anvertraut...

Quelle: http://traumpilotin.de/hundephysiotherapeutin/

Hauptstraße 50, 02708 Dürrhennersdorf
035872/33961